Die Wohnungspolitik der Bundesregierung ist eine soziale Krise mit Ansage. Obwohl der Gebäudesektor beim Klimaschutz dramatisch hinterherhinkt, kann Frau Hubertz nicht aufzeigen, wie der Haushalt ihres Bauministeriums zu den Klimazielen beiträgt. So werden große Worte schnell zu leeren Worten, wenn sie nicht zu den Taten passen.

Meine Rede vom 27. November 2025.

Transkript meiner Rede:

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

„Große Worte, kleine Wirkung“ – so lautet das Fazit nicht von mir, sondern von der Journalistin Helene Bubrowski zur Arbeit des Bauministeriums. Ich finde, sie trifft damit genau den Nerv.

(Jörn König [AfD]: Wie viele Häuser hat denn die Helene schon gebaut?)

Von der Bau- und Wohnungswirtschaft über Mieterverbände bis hin zu Wissenschaftler/-innen und Bürger*innen: Das ist momentan der Eindruck.

Zugegeben: Die Lage ist nicht einfach. Auf der einen Seite gibt es immer mehr Menschen, die verzweifelt eine bezahlbare Wohnung suchen: Alte, Studierende, Auszubildende, Familien, Alleinerziehende. Ein Kind willkommen heißen, das ist in den großen Städten derzeit der Garantieschein für Verdrängung. Goodbye, gewohntes Umfeld, nahe Freunde, Familie! In Berlin beispielsweise sind die Angebotsmieten in nur zweieinhalb Jahren um 42 Prozent gestiegen. Diejenigen, die fast die Hälfte ihres Einkommens für die Wohnung aufbringen, sind jetzt 25 Prozent mehr. 6 Millionen Mieter bundesweit stehen vor dem Finanzkoller. Wir haben jetzt immer mehr Überbelegungen von Wohnungen. Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren Hunderttausende bezahlbare Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung herausgeflogen – soziale Krise mit Ansage!

Auf der anderen Seite gibt es trotz dieser dramatischen Wohnungskrise eine schockierende Bilanz im Neubau. Seit 2020 wurde sogar 25 Prozent weniger gebaut.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Jörn König [AfD]: Da haben Sie regiert!)

Und die Prognose für die kommenden Jahre – dafür sind Sie zuständig –

(Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)

lautet: nicht mehr Neubau, sondern mehr Minus.

Frau Hubertz, Sie wollen den Bauturbo zünden. Aber große Worte werden eben schnell zu leeren Worten, wenn sie nicht zu den Taten passen. Ja, Sie haben die Mittel für den sozialen Wohnungsbau aufgestockt. Aber die 4 Milliarden Euro, die Sie stolz verkünden, decken eben nicht mal die steigenden Material- und Finanzierungskosten. Und ja, es bräuchte 100 000 Sozialwohnungen pro Jahr.

Aber so reicht das Geld eben maximal für 50 000, also für die Hälfte, und auch nur dann, wenn es gut läuft. Es braucht ein Umdenken im System: mehr Mittel und mehr Nachhaltigkeit. Die neue Wohngemeinnützigkeit, die verhindern würde, dass jedes Jahr Zehntausende Wohnungen aus der Bindung heraus- und in die Spekulation hineinfallen. Damit eben endlich gilt: Einmal öffentlich gefördert, immer gemeinnützig und bezahlbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, kein Bauboom weit und breit! Die Sparkassen und Banken erwarten bis 2030 bestenfalls eine Seitwärtsbewegung bei den Immobilieninvestitionen: schwaches Wachstum, steigende Insolvenzrisiken. Statt für Wachstum durch zusätzliche Investitionen des Sondervermögens zu sorgen, verschieben Sie Investitionen aus dem Kernhaushalt ins Sondervermögen, hier rund 2 Milliarden Euro aus dem Kernetat.

So werden Chancen aus dem Fenster geworfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Bank aber zittert aus Sorge vor dem Antragsrun, und das ist die KfW. Sie wollen wieder das Programm zum marktgängigen Effizienzhaus-Standard 55 einführen. Das bedeutet Riesenmitnahmeeffekte und Milliardenrisiken. Mir ist völlig unverständlich, wie Sie nach dem erfolgreichen Stopp dieses Programms

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: „Erfolgreicher Stopp“?)

die Förderung wieder losgehen lassen und die Fehler ein zweites Mal begehen wollen. Das rettet vielleicht manche Freunde von Ihnen aus der Immobilienlobby, die sich in der Niedrigzinsphase verspekuliert haben,

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das ist doch billiger Populismus, Frau Kollegin!)

aber es hilft eben weder beim bezahlbaren Wohnraum noch bei den Klimazielen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wichtig wären stattdessen der Umbau und der Ausbau bestehender Häuser. Denn bereits gebaute Wohnungen sind immer noch die günstigsten. Aber in Ihrem Haushalt dazu: Fehlanzeige! Auch das Programm „Gewerbe zu Wohnen“ steht zwar im Haushalt – und das auch schon länger –, aber bis heute gibt es kein Konzept, keinen Förderaufruf, nichts – ein verpasstes Potenzial

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken)

Auch der groß angekündigte Bauturbo hilft nicht, schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Im Gegenteil: Er ist ein Teuerturbo. Er verkürzt lediglich die B-Planverfahren, hilft also bei Bauten auf der grünen Wiese. Aber wir haben die Wohnraumkrise in den Städten, und genau da hilft er eben gar nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was sofort helfen würde, das ruht in Kommissionen – Mietrecht gegen Mietwucher, Mietpreisbremse, regionale Mietendeckel –, und deshalb galoppieren derweil die Mieten weiter. Und Friedrich Merz? Friedrich Merz findet die Kosten der Unterkunft zu hoch.

Immerhin, Frau Ministerin, Sie fühlen sich noch an die Klimaziele 2045 gebunden,

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Genau das ist das Problem!)

und dafür auch von dieser Stelle noch mal ganz ausdrücklich herzlichen Dank! Mal schauen – heute Abend ist das Heizungsgesetz ja auch auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses –,

(Esra Limbacher [SPD]: Kennen Sie die Tagesordnung?)

wie lange das dann noch hält.

Aber wo bleiben die Pilotprojekte beispielsweise hinsichtlich grauer Energie, für Kreislaufwirtschaft statt Bauabfall? Wo kann man in Ihrem Haushalt nachlesen, wie viele Euro was zum Klimaziel beitragen? Auch da: komplette Fehlanzeige.

Ganz gestrichen haben Sie das Programm für die Anpassung an den Klimawandel. Dabei braucht es gerade jetzt in Zeiten extremer Hitzewellen und Überschwemmungen

(Lachen des Abg. Jörn König [AfD])

mehr Investitionen für Städte und ländlichen Raum, klimaresiliente Städte und Gemeinden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –
Zurufe von der AfD)

Aber nicht nur, weil bald Weihnachten ist, möchte ich mit versöhnlichen Worten schließen. Es stimmt: Dieser Einzelplan ist in den Beratungen besser geworden. Danke, dass Sie auch Impulse von der Opposition aufgenommen haben. Es ist gut, dass es 250 Millionen Euro zusätzlich für Sportplätze und Schwimmbäder gibt; gut ist auch die Fortführung des Programms „Altersgerecht Umbauen“, auch die Aufstockung der Mittel für die Genossenschaften.

Vizepräsidentin Josephine Ortleb: Kommen Sie bitte zum Ende Ihrer Rede.

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Insbesondere freue ich mich ganz ausdrücklich über die Fortführung des Programms für Frauenhäuser: 150 Millionen Euro. Das war überfällig. Ganz, ganz großes Dankeschön dafür!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)