Deutschland steckt tief in der Wohnraumkrise. Das Mantra der Bundesregierung? Bauen, Bauen, Bauen.
Aber damit baut Schwarz-Rot an den realen Bedarfen vorbei: Viel zu wenig Geld für den Sozialen Wohnungsbau, unzureichende Förderung des genossenschaftlichen Wohnens, kaum Mittel für Umbau, Streichung des Programms für altersgerechten Umbau, und: 0 Euro für die dringend nötigen Investitionszuschüsse für die Neue Wohngemeinnützigkeit. Damit gemeinnützige Wohnungsunternehmen dauerhaft bezahlbare Wohnungen bauen und vermieten können.
Wir Grüne im Bundestag wissen: Nur die Bagger rollen lassen reicht nicht. Es braucht einen effektiven Mieter*innenschutz: Mit einem wirksamen sozialen Mietrecht.
Meine Rede vom 23. September 2025.
Transkript meiner Rede:
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Frau Hubertz, ja, an Geld mangelt es in Ihrem Etat nicht: 7,6 Milliarden Euro plus Mittel aus dem Sondervermögen plus Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds. Aber trotz dieses Mehr im Etat sagen die Prognosen für 2026, es werden nicht mehr Wohnungen gebaut werden, sondern sogar Zehntausende Wohnungen weniger.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])
„Wohnst du noch, oder lebst du schon?“, diese Frage aus vergangenen Zeiten – wir erinnern uns alle – klingt heute wie Luxus aus vergangenen Zeiten; denn seit 2014 sind die Nettokaltmieten um 64 Prozent gestiegen. Das heißt, jede fünfte Familie kann sich heute keinen Urlaub mehr leisten, junge Menschen finden kein eigenes Zuhause, weil sie die Miete zahlen müssen und für anderes kein Platz ist. 800 Bewerbungen in wenigen Stunden auf eine Wohnungsannonce, Algorithmen suchen nach passenden Kandidaten: „Spätestens in diesem Moment ist die alleinerziehende Mutter draußen.“ Das ist nicht von mir, sondern von Vonovia-Chef Rolf Buch, der einfach mal gelassen die Wahrheit ausspricht. Ihre Antwort darauf, Frau Ministerin, war bei Amtsantritt: Bauen, bauen, bauen; die Bagger müssen rollen. Die Bagger rollen auch, aber die Bagger bauen keine bezahlbaren Wohnungen. Jedes Jahr verschwinden Tausende Sozialwohnungen. Und deshalb sind es nicht
wir, sondern ein breites Bündnis aus der Bau- und Immobilienbranche, die Alarm schlagen. Ihre Mittel für den sozialen Wohnungsbau haben Sie jetzt zwar noch mal aufgestockt, aber sie reichen nach wie vor bei Weitem nicht aus, meine Damen und Herren. Außerdem fehlt Ihnen auch die nachhaltige Strategie. Sie wissen es: Die richtige Antwort wäre die Wohngemeinnützigkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben das gemeinsam in der Ampel auf den Weg gebracht. Wir Grünen haben das seit zehn Jahren gefordert, wir haben die gesetzliche Grundlage geschaffen. Ja, man kann es durch eine gute steuerliche Förderung machen, dass Unternehmen eine Steuererleichterung bekommen, wenn sie sich dauerhaft verpflichten, niedrige Mieten anzubieten. Wenn eben endlich gilt: öffentlich gefördert, dann für immer dauerhaft bezahlbar.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Pascal Meiser [Die Linke])
Das steht auch in Ihrem Koalitionsvertrag, aber es steht nichts in diesem Haushalt, davon findet sich nichts. Das ist nicht nur schlecht für jetzt, sondern es ist tatsächlich ein großes Problem für unsere Zukunft.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Wir arbeiten gerade einmal vier Monate!)
Frau Hubertz, schauen wir mal weiter: Wo ist denn bei Ihrem „Bauen, bauen, bauen“ eigentlich der positive Klimaeffekt? Wir suchen vergeblich. Ja, es gibt Programme – es wurde darauf hingewiesen –, aber Sie können selber nicht einmal beziffern, was das an CO2 -Einsparung bringt. Und obendrauf diskutiert diese Bundesregierung gerade parallel, das Heizungsgesetz abzuschaffen und dann natürlich auch die Förderung für den Heizungsaustausch systematisch zusammenzustreichen.
(Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)
Das ist nicht nur schlecht für den Klimaschutz, sondern, wie wir alle wissen, das ist auch massiv schlecht für den Geldbeutel. Und deswegen: Bitte denken Sie noch mal darüber nach! Machen Sie eine Kehrtwende, meine Damen und Herren!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Symptomatisch dafür war, dass Sie wieder einsteigen in die Förderung des Energiestandards 55. Das waren nicht Sie, Frau Ministerin, das war Ihre Koalition.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Genau! Das haben wir gemacht! Die Leute wollen ein bezahlbares Dach über dem Kopf! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut ist das!)
– Das ist „sehr gut“? Das ist irre! Das ist wirklich irre; weil es ein Teufelskreis ist. Ich frage gerade Sie, Herr Luczak: Haben Sie wirklich 2021 vergessen? Haben Sie wirklich vergessen, wie der Run auf die Mitnahmeeffekte war? Der Fördertopf war mit einem Wimpernschlag leer. 11 Milliarden Euro wurden einfach mal so in ein paar Tagen ausgekehrt. Das ist völlig irre. Das bringt uns nicht weiter, bringt keine bezahlbaren Wohnungen, hat keinen Effekt für den Klimaschutz. Deswegen: Bitte denken Sie darüber nach! Hören Sie auf mit diesem Irrsinn!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Linken)
Die Ampel hatte diese Förderung zu Recht zusammengestrichen bzw. abgeschafft und einen neuen Standard etabliert, der dann gefördert wird: der EH40.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das haben Sie gemeinsam aufgegeben, die EH40!)
Und wir können es nachlesen in der entsprechenden Broschüre der Ministerin: Dieser Standard hat sich sehr gut etabliert, ist sehr gut angenommen, braucht mehr Geld. Machen Sie genau das, damit wir eben endlich Klimaschutz und bezahlbares Wohnen miteinander verbinden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Sie haben darauf verzichtet, dass der gesetzliche Standard EH40 wird!)
Aber, Frau Ministerin, selbst wenn Sie beim Bauen alle Prioritäten richtig hätten, wenn Sie also eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen würden und 20 Prozent Investitionszuschüsse zahlen für gemeinnützige Wohnungen, wenn Sie endlich die Förderung für Genossenschaften deutlich anheben würden, wenn Sie statt nur den Neubau insbesondere auch den Umbau finanzieren und stärker unterstützen würden – Umbau von Gewerbe- in Wohnräume, von Büros, von Läden in Wohnungen oder auch den Ausbau von Dachgeschossen –, wenn Sie das altersgerechte Wohnen nicht streichen, sondern endlich wieder aufstocken würden und den 2 Millionen Menschen, die dringend Unterstützung brauchen, auch die Unterstützung geben würden – ja, all das wäre richtig, aber all das wäre nichts ohne zusätzlichen effektiven Mieterschutz. Denn für Investoren ist die beste Investition die in eine schon abgeschriebene Immobilie, die nur noch Rendite abwirft, sprich: Mieteinnahmen bringt. Wir sehen das Problem in Berlin, wenn man eben nur auf Bauen, Bauen, Bauen setzt. Wir haben hier seit einigen Jahren eine schwarz-rote Regierung.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Zweieinhalb Jahren!)
In genau diesen zweieinhalb Jahren, Herr Luczak, sind die Angebotsmieten noch mal deutlich gestiegen, inzwischen auf über 42 Prozent. Das ist absurd.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –
Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Was Sie dieser Stadt mit dem Mietendeckel angetan haben!)
Ihre Kollegin Frau Hubig verspricht nun Konsequenzen gegen Mietwucher. Aber die Kommission hierzu tagt und tagt und tagt und soll erst 2027 Ergebnisse bringen. Die Menschen brauchen jetzt Unterstützung und nicht erst in zwei Jahren. Deswegen beschleunigen Sie bitte, und legen Sie einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Hubertz, Sie wissen es selbst: Blindes Bauen, Bauen, Bauen, das reicht nicht. Deswegen: Stoppen Sie den Wucher, und, wenn nötig, auch mit einem regionalen Mietenstopp.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)